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Strafanzeige

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Presseerklärung

19. Dezember 2004

An die Staatsanwaltschaft beim LG Frankfurt am Main
Konrad-Adenauer-Straße 20
60 256 Frankfurt a.M.
- per Fax an 069 / 13 67 21 00 -


Hiermit erstatten die nachfolgend Unterzeichnenden

     Strafanzeige

gegen

     Staatsanwalt Wilhelm Möllers

wegen des

Verdachts der (versuchten) Anstiftung zur Rechtsbeugung gem. §§ 339, 22, 23 Abs. 1, 26, 30 Abs. 1 StGB

mit der Bitte um umgehende Bearbeitung.

I.
In dem Strafverfahren Js 123/03 vor der 27. Großen Strafkammer des Landgerichts Frankfurt a.M. sind der ehemalige Polizeivizepräsident Wolfgang Daschner und Kriminalhauptkommissar Ortwin Ennigkeit wegen (Anstiftung zur) Nötigung in einem besonders schwerem Fall gem. § 240 Abs. 3 Nr. 3 StGB angeklagt. Daschner aufgrund der Anweisung, dem damals mutmaßlichen und in Polizeigewahrsam befindlichen Beschuldigten Magnus Gäfgen die Anwendung von Folter anzudrohen (und diese ggf. auch durchzuführen), wenn dieser sich weiterhin weigere, den Aufenthaltsort des entführten Jakob von Metzler preiszugeben, Ennigkeit aufgrund der entsprechenden Drohung gegenüber Gäfgen.

Staatsanwalt Wilhelm Möllers hat in diesem Verfahren am 09.12.2004 das Plädoyer der Staatsanwaltschaft gehalten. In diesem stellte er zunächst als Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass der Sachverhalt weitgehend unstrittig sei.

Staatsanwalt Möllers ließ keinen Zweifel daran, dass er den Tatbestand des § 240 Abs. 3 Nr. 3 StGB als verwirklicht ansieht; ausdrücklich sprach er davon, dass der Angeklagte Daschner dadurch, dass er seine Stellung als Amtsträger missbrauchte, in einem "besonders schweren Fall" der Nötigung gehandelt habe. Explizit verneinte er das Vorliegen von Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründen. Für die Strafzumessung zitierte er auch zunächst den für § 240 Abs. 3 Nr. 3 StGB maßgeblichen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe.

Beantragt hat Staatsanwalt Möllers dann jedoch lediglich eine Verwarnung mit Strafvorbehalt gem. § 59 Abs. 1 StGB, verbunden mit der Auflage gem. § 59a Abs. 2 Nr. 3 StGB, einen Geldbetrag von 10.000,- EUR (Daschner) bzw. 5.000,- EUR (Ennigkeit) zu zahlen. Zur Begründung führte er aus, der vorbehaltene Geldstrafenbetrag von 180 Tagessätzen entspräche der gesetzlichen Mindesstrafe von sechs Monaten Haft. Der Angeklagte Daschner habe aus "ehrenhaften Motiven" gehandelt und sei ein "untadeliger, gewissenhafter Beamter", der durch das Verfahren und die öffentliche Diskussion eigentlich schon genug bestraft sei. Staatsanwalt Möllers erklärte, dass der Angeklagte sein Fehlverhalten bereue, auch wenn das "nicht deutlich rübergekommen" sei. Für den Angeklagten spräche daher Einsichtigkeit und das Fehlen von Wiederholungsgefahr.

II.
Damit hat sich der Staatsanwalt Möllers selbst der (versuchten) Anstiftung zur Rechtsbeugung gem. §§ 339, 22, 23 Abs. 1, 26, 30 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.

Voraussetzung für die Anwendung von § 59 StGB ist, dass der Beschuldigte eine Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen verwirkt hat. Für Nötigung in einem besonders schweren Fall gem. § 240 Abs. 3 Nr. 3 StGB beträgt der Strafrahmen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren (das gleiche gilt für die Anstiftung, § 26 StGB). Die Verhängung von Geldstrafe ist nicht vorgesehen. Die hier von Staatsanwalt Möllers vorgenommene Umwandlung der Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten in Geldstrafe ist von vornherein unzulässig, da § 47 Abs. 2 StGB bei erhöhtem Mindestmaß von sechs Monaten oder mehr unanwendbar ist (Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl. 2004, § 47, Rd. 12). Staatsanwalt Möllers hat somit in seinem Strafantrag eine Strafe gewählt, die für den auch aus seiner Sicht verwirklichten Tatbestand der Nötigung in einem besonders schweren Fall gesetzlich überhaupt nicht vorgesehen ist. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters hat er hierzu Folgendes angegeben:

"Von diesem Regelstrafrahmen kann man dann abweichen, wenn man der Meinung ist und zu der Überzeugung gelangt, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Schuld nicht besonders schwer wiegt."

Dies macht deutlich, dass er bei der Beantragung der Strafe bewusst und völlig willkürlich vom gesetzlichen Strafrahmen nach unten abgewichen ist, ohne dass es hierfür eine gesetzliche Grundlage gäbe. Erschwerend kommt hinzu, dass die - ein gesetzwidriges Abweichen vom Strafrahmen allerdings niemals begründen könnenden - "Entlastungsgründe" bzgl. dem Angeklagten Daschner frei erfunden wurden. Der Angeklagte Daschner hat eben sein Handeln nicht als falsch bezeichnet, sondern bis zum Plädoyer der Staatsanwaltschaft als richtig - und als gesetzlich! - verteidigt. Damit ist auch eine Wiederholungsgefahr unmittelbar gegeben, da die (gesetzeswidrig) beantragte Strafe (richtig: die beantragte Verwarnung mit Strafvorbehalt) nicht zwingend zu einer Entlassung Daschners aus dem Polizeidienst führt.

Da die Entscheidung über die zu verhängende Strafe nicht in den Händen der Staatsanwaltschaft, sondern in denen des Gerichts liegt, kommt Staatsanwalt Möllers zwar nicht als unmittelbarer Täter einer Rechtsbeugung in Betracht. Er hat sich jedoch, indem er als Staatsanwalt gegen den Angeklagten Daschner lediglich eine Verwarnung mit Strafvorbehalt gem. § 59 StGB beantragt hat und damit das Gericht zu bestimmen versuchte, eine außerhalb des gesetzlichen Strafrahmens liegende Strafe zu verhängen, einer (zumindest versuchten) Anstiftung zur Rechtsbeugung gem. §§ 22, 23 Abs. 1, 26, 30 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.

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